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Schabat – 7. Nissan 5768 – Samstag – mein Computer hält mich weiter in Atem

Ich bin zurück aus der Synagoge. Bevor ich ins Bett gehe schalte ich den Computer an, um nach Mailnachrichten zu schauen. Neue Situation. Die Verbindung mit dem Wireless-Netz kann nicht hergestellt werden, obwohl vorhanden. Der „Connectivity Doctor“ des Computers zeigt ein Problem des Computers an. Ich teste flüchtig die angedeuteten Lösungsmöglichkeiten; ohne Erfolg. Mein Computer kommt mir ein bisschen wie der sprechende Esel vom biblischen Bileam vor.

 

Die Situation zwingt mich auf die Knie. Ich kann mir den Zusammenhang nur mit dem vorher Erlebten vorstellen. Der über Schabat zu Besuch beim Vater weilende Sohn des früher erwähnten Schweizers im Hause, der hinter mir einen Missionar vermutet, hatte sich vor dem Maariw (Abendgebet) neben mich gesetzt und gesagt, er interessiere sich brennend für meine Geschichte. Er habe gehört, dass ich im Bethanienheim gearbeitet habe. Ich erwidere ihm, dass sich meine Geschichte nicht in zwei Minuten erzählen lasse. Mache nichts, sagt er, er komme wieder ins Haus und ich könne dann weiterfahren.

 

Also beginne ich und kann bis zu dem Punkt erzählen, wo ich wegen fehlenden Schlafs reif für die Klinik war. Das Interesse des Sohns ist mir etwas unheimlich, ist sein Erscheinungsbild doch wie dasjenige des biblischen Nathanaels: ein Jude ohne Fehl und Tadel! Er erhebt sich, als vermutlich bald 60-Jähriger, sogar vom Sitz, wenn sein Vater neben ihm Platz nimmt. Ich merke, dass ich sehr auf Gottes Beistand angewiesen bin im Erzählen meines Lebenslaufs.

 

Die vorstehende Tagebuchnotiz habe ich erst geschrieben, nachdem ich bereits 1 ½ Stunden geschlafen hatte. Daraufhin folgt eine unruhige Nacht mit vielen Wachzeiten und gegen den Morgen hin mit vielen Träumen. Ich überlege mir was ich aus meinem Lebenslauf alles erzählen will und komme dann zum Schluss, dass ich extensiv sein will. Ich werde ihm auch von folgendem Erlebnis erzählen, das nicht in meinem schriftlichen Lebenslauf steht. Vor ca. einem Jahr hatte ich den Eindruck wieder einmal an der Mitgliederversammlung/Jahresversammlung von Operation Exodus teilnehmen zu sollen.

 

Operation Exodus ist eine weltweit tätige christliche Organisation, die sich die Mithilfe zur Rückschaffung von Juden nach Israel zum Ziel gesetzt hat. Ich bin Revisor des Schweizer Zweiges, der vorwiegend in der Spendensammlung tätig ist. Roger Wolcott, ein Amerikaner, hielt an der Jahresversammlung eine Ansprache vor den eigentlichen Traktanden. Er sprach eindringlich und sagte, dass ein Schweizer eine Berufung für Israel habe. Er solle sich hüten, der Berufung nicht zu folgen. Die Situation sei vergleichbar mit derjenigen von Königin Esther in der Bibel. Diese hatte ja bekanntlich den Auftrag zum König zu gehen und für die Juden zu bitten. Ohne Vorladung zum König zu gehen war aber lebensgefährlich, so dass die Königin sich grundsätzlich entscheiden musste. Nachdem sie ein Ja gefunden hatte sagte sie lakonisch: „caascher awad’ti awad’ti“: „wenn ich umgekommen bin, bin ich umgekommen!“.

 

Die Ansprache von Roger Wolcott hatte mich stark betroffen gemacht. Sie war ein wichtiger Baustein in meinem letztjährigen Entscheid nach Israel auszuwandern.

 

Nun, ich habe mittlerweile gemerkt, dass es für mich nicht unproblematisch ist, im Voraus Entscheidungen treffen zu wollen über das was ich sagen will. Ich werde mich jedenfalls vom Geiste Gottes führen lassen.

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